MAD_Das Museum Anderer Dinge – vom Forschungsprojekt zum Online-Museum

In der Online-Vortragsreihe „Dis/Ability der Gegenwart und der Zukunft“ vom Bochumer Zentrum für Disability Studies (BODYS) an der EvH RWL ging es am 07. Dezember 2023 um das digitale Ausstellungsprojekt: „MAD_Das Museum Anderer Dinge“. Zu Gast waren die Historikerin Elena Demke aus Berlin und Prof. Dr. Theresia Degener von BODYS/EvH RWL. Die Veranstaltung lud zur Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung und Darstellung von Krisen- und Verrücktheitserfahrungen sowie der Rolle der Psychiatrie in der modernen Gesellschaft ein.

Im Hauptvortrag zeichnete Historikerin Elena Demke den Weg „vom Forschungsprojekt zum Online-Museum“ nach: Das Interviewprojekt “Ding-Bedeutungen in Krisen-, Verrücktheits- und Psychiatrie-Erfahrungen” zielte darauf ab, das Bewusstsein für die Bedeutung und die Interpretation von Objekten im Kontext von psychischen Krisen und Psychiatrieerfahrungen zu schärfen. Durch den tiefgründigen Blick auf "Ding-Bedeutungen" eröffnete Demke eine Diskussion über die Veränderung der Narration rund um mentale Gesundheit und das psychiatrische System. Viele Objekte, die in den Interviews Erzählanlass oder Erzählgegenstand oder beides sein konnten, wurden von den Interviewten als Museumsobjekte gestiftet. Daraus entstand das rein virtuelle Museum MAD_Das Museum Anderer Dinge. Besonders hervorzuheben ist, so Demke, die „Betroffenenkontrolle“ in der Forschung, die eine neue Ebene der Inklusivität und Ethik in der Wissensgenerierung darstellt: „Erkenntnis ist nicht wie ein neutrales Werkzeug, was man gut oder schlecht verwenden kann. […] Sondern je nach ethischer Haltung oder Anspruch ändert sich auch die Erkenntnis.“

Prof. Dr. Theresia Degener setzte im Ko-Referat den Schwerpunkt auf die Verknüpfung der Arbeit des MAD mit den Zielen und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Sie illustrierte, wie das Museum als Forschungsprojekt zur Bewusstseinsbildung beiträgt und kulturelle Teilhabe fördert – Kernthemen der UN BRK, die in der Präambel, Artikel 8 und Artikel 30 tiefer verankert sind. Außerdem verdeutlicht das Projekt die Vielfalt des menschlichen Erlebens in individuellen Krisenzeiten und die Abkehr vom medizinischen Modell von Behinderung: Der Fokus des Museums liegt auf den Dingen und Ding-Bedeutungen, statt einer Diagnose rückt die individuelle Selbstbestimmung in Krisensituationen ins Zentrum der Betrachtung. Prof. Dr. Degeners Ausführungen betonten die Notwendigkeit einer fortlaufenden kritischen Reflexion der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Behinderung und die Rolle der Forschung, Partizipation, Kultur und Bildung bei der Förderung von Inklusion und Gleichberechtigung.

Die Diskussion während des Vortrags war geprägt von einem Austausch über die Herausforderungen und Möglichkeiten, die sich aus der Schnittstelle von Kultur, Forschung, Ethik und Disability Studies ergeben. Die Teilnehmenden engagierten sich besonders in der Frage, wie Forschung und ent­sprechende Interview- und Forschungsprojekte wie das MAD_Museum dazu beitragen können, Ste­reo­type zu durchbrechen und ein differenziertes, inklusives Verständnis von Dis/Ability zu fördern. Die Bedeutung von Ethik als integraler Bestandteil des Erkenntnisgewinns und nicht nur als Randbedingung wurde als zentraler Punkt hervorgehoben.

Über die Vortragenden
Elena Demke ist Historikerin und engagiert sich seit ca. 10 Jahren vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen psychiatriekritisch, anfangs im Kontext von Peer-Beratung, dann verstärkt in Forschung. In dem BMBF-geförderten Projekt „Ding-Bedeutungen in Verrücktheits-, Krisen- und Psychiatrieerfahrungen“ nutzte sie den material turn für die Mad Studies. Gemeinsam mit Interviewpartner*innen entstand darauf aufbauend das MAD_Museum Anderer Dinge.

Theresia Degener ist Professorin für Recht und Disability Studies an der Evangelischen Hochschule RWL in Bochum und leitet zusammen mit Prof. Dr. Kathrin Römisch BODYS, das Bochumer Zentrum für Disability Studies.

Einen Videomitschnitt der Vorträge finden Sie im YouTube-Kanal von BODYS.

Die Website des MAD_Museums Anderer Dinge finden Sie hier: https://museum-anderer-dinge.de/

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