IKSL goes Ludwigsburg
24. Oktober 2019: Im Rahmen der Veranstaltung „10 Jahre UN Behindertenrechtskonvention – Das Versprechen-Hat sich’s Warten gelohnt?“ präsentierte Prof. Dr. Theresia Degener zusammen mit Vertreter*innen der sechs Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben (KSL) in NRW das Forschungsprojekt „Initiative Selbstbestimmt Leben NRW“, das sie gemeinsam mit Kollegin Prof. Dr. Sabine Kühnert im Bochumer Zentrum für Disability Studies leitet.
Zu der Fachtagung reisten um die 150 Teilnehmer*innen aus der Disability Studies Forschung und der Selbstbestimmt Leben Bewegung an. Das Projekt IKSL ist deutschlandweit einmalig und macht NRW zum deutschlandweiten Vorreiter der Umsetzung der UN BRK. Noch hat kein anderes Bundesland diesen Schritt zur Umsetzung der UN BRK gemacht.
Die vielfältigen Handlungsfelder der KSL wurden praxisnah mit Beispielen aus der Arbeit der KSL vorgestellt: „Lösungen entwickeln“ präsentierte Karoline Riegel (KSL MSI Essen) am Beispiel der Erstellung barrierefreier Dokumente und juristische Schulungen zum Thema Barrierefreiheit. „Menschen stärken“ veranschaulichte Andreas Tintrup (KSL Arnsberg) mit dem Elternratgeber für behinderte Eltern. Handlungsfeld „Partizipation ermöglichen“ wurde von Stephan Wieners (KSL Detmold) mit der Initiierung und Stärkung von Behindertenbeiräten in Ost-Westfalen-Lippe erläutert. Jörg Rodeike (KSL Düsseldorf) referierte über die Zusammenarbeit zwischen KSL und EuTB (Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung nach BTHG) zum Handlungsfeld „Strukturen vernetzen“. Christoph Tacken (KSL Köln) stellte das Handlungsfeld „Rechte sichern“ durch die Arbeit im Bereich der Gewaltprävention, des rechtlichen Beistands in Fragen des Persönlichen Budgets und in der Rechtspolitik auf Landesebene dar. Abschließend zeigte Anke Schwarze (KSL Münster) auf, wie mit inklusiven Radrennen „Bewusstsein schaffen“ realisiert werden kann.
Die weitreichenden Handlungsfelder der KSL verdeutlichen, mit welch vielfältigen Maßnahmen das Recht auf Selbstbestimmt Leben in der Gemeinschaft (Art. 19 UN BRK) umgesetzt werden kann. Auf dessen normativen Gehalt ging Prof. Dr. Theresia Degener in ihrem Vortrag über die Arbeit des UN BRK Ausschusses ein. Sie verwies auf die Allgemeine Bemerkung Nr. 5, den der UN BRK Ausschuss jüngst zu Art. 19 UN BRK verabschiedet hat, und zitierte daraus Abs. 49: „Die Achtung der Rechte aus Art. 19 bedeutet, dass Vertragsstaaten Heime abbauen müssen. Vertragsstaaten dürfen weder neue Heime bauen, noch dürfen alte Einrichtungen über das notwendige Maß der Sicherheitserhaltung für die Bewohner hinaus renoviert werden, neue Bewohner sollten keine frei gewordenen Plätze einnehmen und ,Satelliten`-Wohnarrangements, die als Zweig einer Einrichtung entwickelt werden und die den Anschein individueller Lebensgestaltung haben (Apartments oder Einzelwohnungen), jedoch um Einrichtungen kreisen, sollten nicht geschaffen werden …“.
Von dieser Vorgabe, so Degener, sei man in Deutschland aber noch weit entfernt.