Chancengleichheit vor Sparzwang

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet zum gleichen Recht von Kindern mit Behinderungen auf Bildung

Mit seiner Entscheidung vom 10. September 2020 stellt der EGMR klar: Chancengleichheit muss auch dann oberstes Gebot bleiben, wenn Haushaltskürzungen und andere Sparzwänge notwendig sind. So lässt sich das Urteil in der Rechtssache G. L. gegen Italien (Beschwerde Nr. 59751/15) zusammenfassen.

Per Individualbeschwerde hatte sich ein in Italien lebendes Mädchen mit Autismus an den EGMR gewandt, weil es in seinen beiden ersten Grundschuljahren wegen knapper Haushaltsmittel der Region keine Assistenz in Anspruch nehmen konnte. Die qualifizierte Assistenz ist in Italien allerdings gesetzlich vorgesehen. Der EGMR fordert, dass Auswirkungen von Haushaltskürzungen immer so zu prüfen sind, dass behinderte Kinder die gleichen Chancen auf Schulbesuch haben wie nicht-behinderte Kinder. Das sei im Fall der Beschwerdeführerin nicht geschehen.

Der EGMR bezieht sich in seinem Urteil auf Art. 13 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, kulturelle und soziale Rechte (Sozialpakt), Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), Art. 15 der revidierten Europäischen Sozialcharta (ESC) sowie das Recht auf angemessene Vorkehrungen nach Art. 5 UN-BRK zur Interpretation des Gleichheitsgebots in Art. 14 EMRK.

Mit dem Urteil des EMGR erhält die Beschwerdeführerin eine Entschädigung zugesprochen.

Das Portal www.reha-recht.de bietet weitere Informationen und Zugang zu einer nicht-amtlichen barrierefreien Übersetzung der Entscheidung.

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