BODYS unterstützt die Initiative #AbleismusTötet
Seit Juli 2021 führt ein interdisziplinäres Team von Journalist*innen Recherchen zu Gewalt an Menschen mit Behinderungen durch. Das Projekt trägt den Titel #AbleismusTötet und ist eine Initiative der Menschenrechts- und Behindertenorganisation AbilityWatch e. V. #AbleismusTötet hat einen Forderungskatalog erstellt, zu dessen Mitzeichnern auch BODYS gehört.
Anlass für die Initiative war die Ermordung mehrerer Menschen mit Behinderungen durch eine Pflegehelferin in einer Potsdamer Wohneinrichtung 2020. Im Rahmen von #AbleismusTötet recherchieren und dokumentieren die beteiligten Journalist*innen Gewaltfälle in vollstationären Wohneinrichtungen für behinderte Menschen. Neben den Daten und Fakten liegt ein umfangreicher Ratgeber für Betroffene und Angehörige von Gewaltfällen, aber auch für Mitbewohner*innen und Mitarbeiter*innen, die Gewalt an behinderten Personen in Einrichtungen beobachten, vor.
10 Forderungen für Gewaltschutz
Vor Kurzem wurden darüber hinaus 10 konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, "um die Situation in vollstationären Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen kurzfristig zu verbessern – und um das Unterstützungssystem der Behindertenhilfe aktiv und nachhaltig im Sinne der Förderung der Selbstbestimmung und Gewaltprävention von behinderten Menschen zu verändern."
1) Selbstbestimmung: Bewohner*innen von vollstationären Wohneinrichtungen müssen so selbstbestimmt und so frei wie möglich leben dürfen!
2) Lebensbedingungen & Arbeitsbedingungen: Die Lebensbedingungen für behinderte Menschen und die Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter*innen in vollstationären Wohneinrichtungen müssen verbessert und zusammengedacht werden.
3) Wohnkonzepte & Gewaltprävention: Wohn- und Gewaltpräventionskonzepte müssen gesetzlich verankert und partizipativ entwickelt werden!
4) Dokumentation von Gewaltfällen: Mit Gewaltfällen in vollstationären Wohneinrichtungen muss transparent umgegangen werden!
5) Kontrollinstanzen & Beschwerdestellen: Einrichtungen müssen durch eine unabhängige und interdisziplinäre Kontrollinstanz überprüft werden! Unabhängige Beschwerdestellen müssen dieses Angebot ergänzen!
6) Polizeiliche Leitlinien: Es müssen Leitlinien für Strafverfolgungsbehörden zum Vorgehen im Falle von Gewalt an Menschen mit Behinderungen entwickelt werden!
7) Inklusives Rechtssystem: Gerichte und Staatsanwaltschaften müssen besser zur Befragung von Zeug*innen mit Behinderungen ausgebildet und das Rechtssystem muss barrierefreier und inklusiver werden!
8) Sexuelle Selbstbestimmung: Konzepte zur Förderung der sexuellen Selbstbestimmung und zur Prävention von erzwungener Verhütung müssen partizipativ ausgearbeitet werden!
9) Mehrfachdiskriminierungen: Intersektionale Diskriminierung muss in Gewaltschutzkonzepten für vollstationäre Wohneinrichtungen für behinderte Personen stärker berücksichtigt werden!
10) Barrierefreie Einrichtungen & Beratungen: Barrierefreie Zufluchtsorte, Beratungsangebote und psychologische Unterstützung für Betroffene müssen durch staatliche Förderungen stark ausgebaut werden!
Weiterführende Links
Initiative #AbleismusTötet
Disability Studies Review 6: Auswirkungen von Ableismus in der medizinischen und wissenschaftlichen Praxis (PDF, nicht barrierefrei)
Deutsches Institut für Menschenrechte (2022): Schutz vor Gewalt in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen – Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis. Version in Alltagssprache
- Mehr Schutz vor Gewalt für Menschen mit Behinderungen: Forderungen und Verbesserungs-Vorschläge. Version in Leichter Sprache
Zusammenfassung in Deutscher Gebärdensprache
Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) Download
Istanbul-Konvention in Leichter Sprache Download
Österreichische Studie „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen“
Silvia Ulrich/Nina Eckstein (Hrsg.) (2021): Gewaltschutz und Gewaltprävention für Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Linzer Schriften zu Gender und Recht, Bd. 65.